Schmiede in der Mythologie

Die Eisenzeit brachte einen ähnlichen technologischen Umbruch mit sich wie im 18./19. Jahrhundert die Erfindung der Dampfmaschine. Eisen war wesentlich billiger als Kupfer, es kam häufiger vor und vor allem waren Waffen und Geräde aus Eisen oder Stahl wesentlich effizienter als diejenigen aus Holz oder Bronze.

Demgemäß waren diejenigen, die die neue Technologie beherrschten und weiterentwickelten, von einer besonderen Aura des Geheimnivollen umgeben: die Schmiede. Ein besonderes Problem war immer die Härtung des Eisens, die genau dosiert werden mußte, um nicht zu sprödes Material zu erhalten. Die Methoden dazu waren vielfältig und wurden sorgfältig geheim gehalten. Viele Schmiede hatten einen besonderen Platz in der Mythologie, einige davon sollen hier vorgestellt werden.

Zwerge als Schmiede
Die griechischen Daktylen, Zwerge, haben die Metallverarbeitung und die Schmiedekunst erfunden, sie waren Schmiede, Zauberer und die Erfinder der Musik. Als Bewohner der Berge kannten sie genau die Lager von Erzen und beherrschten die zu ihrer Gewinnung nötige Technologie. Manchmal waren sie auch den Menschen behilflich, obwohl zwischen den beiden Welten eine strikte Trennung bestand. Beim sog. stillen Handel konnten die Menschen durch lautes Rufen Schmiedegüter oder Reparaturen bestellen, ohne daß sie die Zwerge sehen konnten. Sie erhielten dann eine Rechnung für die Arbeit, die sie genau begleichen mußten. In vielen Sagen und Märchen treten die Zwerge auf, manchmal sind sie böse, dann wieder hilfreich, manchmal sind sie auch sichtbar. Wenn sie ausgetrickst werden, reagieren sie oft äußerst bösartig. Siehe auch unsere Heinzelmännchen.

Hephaistos ( Ἥφαιστος )
war der griechische Gott des Feuers und der Schmiedekunst. Da ihn seine Mutter Hera wegen seines garstigen Aussehens als Säugling vom Olymp in die Tiefe geschleudert hatte, hinkte er.
Als Rache fertigte er für sie einen goldenen Thron, der sie jedoch sofort, nachdem sie sich darauf gesetzt hatte, so fesselte, daß niemand sie befreien konnte.
Seine Gattin Aphrodite betrog ihn dauernd mit Ares, folgerichtig entwarf er ein Ehebett, aus dem sofort nachdem sich die beiden darin befanden, ein unzerreißbares Netz hervorschoß und sie fesselte.
Besondere Kunstwerke waren die Rüstungen von Ares, Achilles, Aineas, die Pandora, der bronzene Riese Talos, der Kreta bewachte indem er es täglich umrundete, die feuerspeienden Stiere des Aietes, den Wagen des Helios usw.

Daidalos (Δαίδαλος)
war ein anderer berühmter Schmied und Erfinder. Da er seinen talentierteren Neffen, der u.a. die Säge erfunden hatte, ermordet hatte, wurde er aus seiner Heimatstadt nach Kreta zu König Minos verbannt. Dort schuf er u.a. eine hölzerne Kuh, in der sich die in einen Stier verliebte Frau des Königs verbarg, damit sie vom Stier besprungen werden konnte. Der so gezeugte Minotauros, ein Untier mit Stierkopf schloß er im berühmten Labyrinth ein, siehe die Sage von Theseus und Ariadne. Als er vom König festgesetzt wurde, konstruierte er für sich und seinen Sohn Flügel aus Vogelfedern, die mit Wachs zusammengehalten wurden und floh nach Sizilien, wobei sein Sohn verunglückte.

Pythagoras und die Schmiede
Beim Vorbeigehen an einer Schmiede mit vier Schmieden bemerkte er, daß die beim Hämmern entstandenen Töne paarweise Harmonien ergaben. Bei der Überprüfung der Hämmer ergab sich, daß harmonische Klänge dann entstanden, wenn sich die Gewichte der Hämmer, 12, 9, 8, 6 Einheiten, wie einfache natürliche Zahlen verhalten. Eine Oktave/ Quinte/ Quarte ergab sich bei Verhältnissen der Gewichte von 1:2, 2:3 und 3:4, hingegen ergab 9:8 eine Dissonanz. Diese Erkenntnis überprüfte er mit entsprechend gespannten Saiten.

Wieland der Schmied
Er erhielt die bestmögliche Ausbildung durch den Schwarzalben Mime und durch Zwerge. Er nahm eine Stelle beim König Nidung in Jütland als Mundschenk an. Als er einmal ein Messer verlor, schmiedete er ein neues, als es der König benützte, schnitt es nicht nur die Speisen, sondern gleich auch die Teller und die Tischplatte durch. Daraufhin wurde er zum Hof- und vor allem Waffenschmied. Der König wollte verhindern, daß er wieder weiterzog und ließ ihm die Kniesehnen durchschneiden. Wielands Rache war grausam: er lockte die Königssöhne in die Schmiede, tötete sie und fertigte aus ihren Köpfen Trinkgefäße, die er dem König überreichte. Inzwischen hatte er sich ebenfalls Flügel geschmiedet und entfloh.

Wielands Erfindung: das Nitrieren
Das Schwert Mimung schmiedete er dreimal. Nach dem ersten und zweiten Mal zerfeilte er das Schwert, vermischte es mit Getreide und gab es Gänsen zu fressen. Aus dem Gänsekot erschmolz er das Eisen und schmiedete ein kleineres Schwert. Das dritte Schwert war so scharf, daß es eine im Wasser treibendes Wollknäuel zerschnitt, es war nicht mehr zu verbessern. Das Eisen hatte den im Gänsekot vorhandenen Stickstoff aufgenommenen und war so härter geworden (Nitrieren)

Alberich
Nach Richard Wagner, „Der Ring des Nibelungen“
Der Nibelung hatte den Rheintöchtern ihr Gold geraubt, aus dem er sich einen zauberkräftigen Ring schmiedete: dieser verschaffte ihm die absolute Macht über seine Genossen, die Schwarzalben, v.a. seinen Bruder Mime, geplant war die Erringung der absoluten Macht über die Götter, die Riesen und die ganze Welt, wozu es dann aber doch nicht kam, weil ihm die Götter durch List den Ring entrissen. Ebenso hatte er sich einen Tarnhelm geschaffen, der ihm erlaubte, jede beliebige Gestalt anzunehmen. Alberich beherrschte, anders als sein Bruder Mime, mächtige Zauber, mit denen er die von Mime auf seine Anweisung geschmiedeten Werke versah.

Mime
Ebenfalls ein begnadeter Schmied, allerdings (zumindest bei Richard Wagner) von deutlich schlichterem Wesen als sein Bruder. Er scheiterte an der Aufgabe, das von Wotan stammende und von diesem dann zerbrochene Schwert Notung neu zu schmieden: es zerbrach immer am Amboss. Erst Siegfried vermochte es, indem er das Schwert zerfeilte und dann neu schmiedete (wie Wieland, aber ohne Gänse). Es geriet zu einem Meisterwerk, beim Test spaltete es gleich auch den Amboß des Mime.
In der nordischen Mythologie ist Mime jedoch DER geniale Schmied schlechthin.

Etymologie einiger Begriffe
Die Tatsache, daß viele Fachausdrücke aus dem Athochdeutschen stammen zeigt, wie alt das Schmiedehandwerk ist.
Hammer
‘Schlagwerkzeug’, ahd. hamar (9. Jh.), mhd. hamer, anord. hamarr ‘Klippe, Stein, Hammer’
aslaw. kamy
Esse
mhd. esse, ahd. essa = Feuerherd, eigentlich = die Brennende, Glühende, verwandt mit Asche
Zange
ahd. zanga (8. Jh.), mhd. zange
dieses Substantiv gehört im Sinne von „Beißerin“ zusammen mit seinen Entsprechungen in anderen germ.
Sprachen (z. B. engl. tongs und ndrl. tang) zur idg. Wurzel *denk– „beißen“ (vgl. z. B. griech. δαγκώνω= „ich beiße“)
Amboß
Das Wort ist allein auf den dt. Sprachraum beschränkt. Ahd. anabōʒ (9. Jh.), mhd. an(e)bōʒ ist eine mit ahd. ana- ‘an, zu, auf’ präfigierte Bildung zu ahd. bōʒen ‘stoßen, schlagen’ (8. Jh.) und bedeutet eigentlich ‘woran, worauf man schlägt’. Es ist ein überwiegend hd. Wort

Früher gab es eine große Anzahl verschiedener Zweige:
Grobschmied – Werkzeugschmied – Waffenschmied – Hufschmied – Messerschmied – Gold-, Silber-, Kupferschmied – Feingeräteschmied – Ziseleur – Blattner – Drahtzieher – Nagler und Nadler – Schlosser – Münze